Die Sammlung vergrößert sich – drei neue Kameras

Pentacon FM, Carl Zeiss Jena 2/58 Biotar, SLR

Wer es noch nicht mitbekommen hat, ich sammle alte Kameras. Insbesondere solche aus der Zeit vor 1960, von einem der zahlreichen Hersteller aus dem Raum Dresden. Natürlich sage ich auch zu später entstandenen Modellen und Kameras von anderen Herstellern nicht nein. So ist zum Beispiel Nikon mit einigen Kameras ebenfalls in meiner Sammlung vertreten.
Immer wieder suche ich bei Ebay, Ebay-Kleinanzeigen oder Tauschbörsen nach alten Kameras und bin immer wieder erstaunt, was für Preise manche Verkäufer aufrufen; im positiven, wie im negativen Sinne. Eine Praktica MTL ist nie und nimmer ein „seltenes Sammlerstück“ und 250€ wert. Auch das Carl Zeiss Jena 50mm f/2.8 Tessar ist keine legendäre Optik und im Einzelkauf kaum mehr als 35€ wert. Andererseits bekommt man noch funktionierende Vorkriegsmodelle von für Normalbürger eher weniger bekannten Herstellern, wie Balda oder Ihagee, für unter 20€.
Drei Neuzugänge möchte ich nun hier näher vorstellen.

Balda Baldax mit Meyer-Görlitz Trioplan

Ich besitze bereits eine Balda Baldax, die mir Axel Schneegass aus Leipzig freundlicherweise überlassen hat. Die besitzt allerdings das wunderbare Carl Zeiss Jena 7,5cm f/4,5 Tessar und ist 4 oder 5 Jahre älter als die Baldax, um die es hier gehen soll (Baujahr laut Seriennummernabgleich vom Compur und vom Objektiv ca. 1936/37).
Die „neue“ Baldax besitzt ein Meyer-Görlitz 7,5cm f/2,9 Trioplan, also einen recht einfach konstruierten Dreilinser. Dieser ist allerdings über eine Blende lichtstärker als das Tessar, weshalb ich letztlich zugegriffen habe. Auch besitzt diese Baldax keinen Rahmensucher, sondern einen recht kleinen Durchsichtsucher. Der Verschluss ist, wie bei fast allen Baldax-Varianten, ein Compur-Zentralverschluss. Sie belichtet ebenfalls ein 6×4,5cm Bild auf 120er Rollfilm und ist von Natur aus eine Hochformatkamera.

Die Art zu Fotografieren unterscheidet sich natürlich kaum von der anderen Baldax, der andere Sucher macht sich jedoch schon bemerkbar. Er ist zwar klein, um nicht winzig zu sagen. Dafür ist er durch seine geschlossene Bauweise auch bei Gegenlicht besser nutzbar und muss ihn nicht mit der Hand abschatten, um überhaupt etwas zu sehen.

Nun die entscheidende Frage. Wie schlägt sich das verbaute Trioplan? Von einer ähnlichen Konstruktion, dem Novonar-Anastigmat der Zeiss Ikon Ercona, bin ich ja recht wenig angetan. Andererseits genießen gerade die Trioplane, insbesondere das 100mm f/2.8 für Kleinbild, einen fast schon legendären Ruf und kosten entsprechend mittlerweile Unsummen. Um es kurz zu machen, diesem Ruf wird das 7,5cm f/2,9 Trioplan der Baldax nicht gerecht. Es ist zwar fast anderthalb Blenden lichtstärker als das Tessar meiner anderen Baldax, jedoch deutlich weicher. Die Schärfe des Tessar erreicht das Trioplan nie. Zudem sind die damit entstandenen Fotos recht kontrastarm. Der Erzfeind des Trioplan ist jedoch Gegenlicht. Während sich das 7,5 cm Tessar in diesem Punkt relativ wacker schlägt (die 10,5cm Tessare der Ikontas/Super Ikontas sind da deutlich besser), werden Gegenlichtfotos mit dem Trioplan einfach nur unbrauchbar. Alles in allem ist die Baldax mit Meyer-Görlitz Trioplan ein schönes Sammlerobjekt, zum Fotografieren jedoch bei mir nicht erste Wahl.

Bezahlt habe ich für die Balda Baldax inklusive Versand 21€. Für den Preis macht man mit ihr wirklich nichts falsch.

Ihagee Volks-Auto-Ultrix 4860

Die Volks-Auto-Ultrix von Ihagee war ein Zufallsfund bei Ebay-Kleinanzeigen. Und ja, die heißt wirklich so, weil sie das einfachste Modell der Auto-Ultrix-Reihe darstellt. Mein Exemplar der Auto-Ultrix wurde der Seriennummer nach höchstwahrscheinlich im letzten Produktionsjahr, 1939, gebaut. Sie besitzt einen Prontor-II-Verschluss und ein 105mm f/4,5 Sol-Anastigmat Objektiv, ein sehr einfaches, dreilinsiges Objektiv.

Die Kamera ist zwar auch eine Klappkamera, die 8 6×9-Bilder auf 120er Rollfilm bannt, aber sie ist dennoch ganz anders als die vergleichbaren Ikontas von Zeiss Ikon. Der Klappmechnismus ist anders konstruiert, und nicht ganz so stabil. Das Gehäuse an sich ist zudem deutlich simpler gestaltet und erscheint fast Bauhaus-mäßig, schlicht und funktional. Das Fenster für die Bildnummern wird zum Beispiel von einem einfachen, angenieteten Blech verdeckt und nicht durch einen Schieber. Der Rahmensucher besteht lediglich aus zwei Blechprägeteilen, die auf einer Grundplatte sitzen. Einfacher geht es fast nicht. Die Schlichtheit der Kamera ist jedoch nicht unbedingt negativ, denn an sich funktioniert alles wie es soll. Und vor allem funktioniert es, bis auf eine Ausnahme, auch über 80 Jahre nach der Herstellung noch. Was ich jedoch besser als bei den Ikontas und Baldax‘ finde, ist der Fokussiermechanismus. Die Fokusschnecke ist in der Kamera verbaut und wird über einen griffigen Hebel verstellt und nicht so fummelig am vorderen Ring des Objektivs.

Leider läuft der Prontor-II-Verschluss nicht mehr zuverlässig, was jedoch nicht an der Produktionsqualität von Ihagee liegt, die den Verschluss nur zugekauft haben. Dem ersten Anschein nach ist wahrscheinlich das Hemmwerk für die langen Belichtungszeiten defekt. Das hat zur Folge, dass alle Belichtungszeiten unter 1/50s zu kurz sind. Ich werde ihn mir mal ansehen, jedoch nicht viel Zeit investieren. Reparieren lassen werde ich den Verschluss auf keinen Fall, das ist die Kamera einfach nicht wert. Da sind wir auch schon beim Thema Wert. Bezahlt habe ich für die Auto-Ultrix 25€ inklusive Versand. Das ist für ein nicht funktionierendes Modell in meinen Augen angebracht, vor allem da noch originale Ledertasche und die Anleitung dabei waren. Sie wird bei mir definitiv ein Vitrinenstück bleiben.

Pentacon FM

Die Pentacon FM ist zwar schon länger in meiner Sammlung, doch erst jetzt ist sie nutzbar und einsatzbereit. Ihre Verschlusstücher hatten ihre beste Zeit schon lange hinter sich. Spröde, steif und rissig waren sie, wodurch Fotografieren mit der FM unmöglich wurde. Eigentlich wollte ich die Reparatur selbst übernehmen, doch an Verschlusstuch zu kommen stellte sich als schwieriger als gedacht dar. Meine Bestellung aus Japan geistert scheinbar nach über einem dreiviertel Jahr immer noch irgendwo beim Zoll in Frankfurt rum. In Görlitz gibt es jedoch mit dem Foto Service Olbrich eine renommierte Reparaturwerkstatt für Kameras aus DDR-Produktion. Nach einer Frischzellenkur bei Olbrich läuft meine Pentacon FM nun wieder wie am ersten Tag.

Die Pentacon FM zählt zu den Spiegel-Contax, welche wiederum die erste serienmäßig hergestellte Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera mit fest verbautem Spiegelprisma war. An diesem Merkmal orientierten sich nach ihrer Einführung mehr oder weniger alle Kleinbild-SLR, weltweit. Wer mehr über die Entwicklung der Spiegel-Contax wissen möchte, den verweise ich auf die Seite dresdner-kameras.de.

Die Pentacon FM ist eine Kleinbild-Spiegelreflexkamera mit horizontal ablaufendem Tuchschlitzverschluss, der Belichtungszeiten von 1s bis 1/1000s bietet (und B natürlich). Sie besitzt den weit verbreiteten M42-Objektivanschluss und ist somit zu fast unzähligen Objektiven von verschiedensten Herstellern kompatibel. Das Modell FM bietet im Gegensatz zu den ersten Modellen der Contax-S-Serie ein paar Verbesserungen. So besitzt sie eine Blenden-Innen-Auslösung für Automatik-Objektive und eine Mattscheibe mit Bildfeldlinse mit Messkeilen (Schnittbildindikator) zum besseren Fokussieren. Beide Verbesserungen vereinfachen das Fotografieren merklich, da einerseits die Blende vorgewählt werden kann und andererseits auch schneller und vor allem präziser Fokussiert werden kann. Was sie jedoch mit allen Spiegel-Contax-Modellen ohne Belichtungsmesser gemein hat, ist ihre schlichte Schönheit. In meinen Augen sind dies die schönsten Kleinbild-Spiegelreflexkameras, die es gibt. Die Modelle mit (ungekoppeltem) Belichtungsmesser, wie die Pentacon FB, sind durch den aufgepflanzten, wuchtigen Belichtungsmesser leider vollkommen entstellt.

Wie fotografiert es sich nun mit der Pentacon FM? Ziemlich gut, um es kurz zu machen. Vor allem in Kombination mit dem Carl Zeiss Jena 58mm f/2 Biotar macht sie richtig Spaß und die Ergebnisse können sich auch sehen lassen. Der vorn am Gehäuse angebrachte Schrägauslöser sitzt genau an der richtigen Stelle. Ergonomisch ist das wirklich ein Gewinn, den der Konstrukteur Wilhelm Winzenburg hier eingeführt hat und welcher für die Dresdner Kameras so typisch wurde. Einzig das Fehlen einer Schnellspannhebels ist ungewohnt und nervt ab und zu etwas. Der fehlende Belichtungsmesser ist hingegen etwas, was ich nicht vermisse, da ich ohnehin immer mit meinem Pentax Spotmeter unterwegs bin.
Die Pentacon FM ist noch eine Kamera der alten Schule, solide konstruiert und gewissenhaft gefertigt. Kein Vergleich zu den später hergestellten, der Prakticas der L-Serie.

Meine Pentacon FM kostete zusammen mit dem legendären Carl Zeiss Jena 58mm f/2 Biotar in der Anschaffung 80€. Für den Preis bekommt man normalerweise nur das Objektiv, die FM war da lediglich die Zugabe. Die Reparatur der FM schlug nochmal mit ca. 110€ zubuche. Das ist auch ungefähr der Preis, den eine gute erhaltene und tatsächlich funktionierende Pentacon FM, wirklich wert ist.
Eine Spiegel-Contax mit intakten Verschlusstüchern zu finden ist allerdings wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. So gut wie keine als „alle Funktionen geprüft“ und „in hervorragendem Zustand“ verkaufte Kamera kann am Ende das Verkaufsversprechen halten. Auch das Spiegelprisma ist oft trüb oder leidet an abgeplatzten Stellen der Versilberung. Insofern rate ich dringend vom Online-Kauf einer Spiegel-Contax ab, falls ein funktionierendes Modell gewünscht wird. Die meisten Verkäufer haben entweder keine Ahnung oder ziehen bewusst über den Tisch.

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