Zeiss Ikon Super Ikonta 531/2

Zeiss Ikon Super Ikonta 531/2

Seit ein paar Monaten finde ich verstärkt Gefallen am Fotografieren mit alten Faltkameras, insbesondere mit Exemplaren, die mit der Dresdner Kameraindustrie in Verbindung stehen und vor 1941/42 gebaut wurden. (Gebaut wurde sie im Zeiss Ikon-Werk in Stuttgart. Danke an Felix für den Hinweis.) Es mag auf den ersten Blick vielleicht wunderlich erscheinen, solch alte Kameras zu nutzen, wo ich doch sonst auf die Exzellenz von Hasselblad setze. Nun, logisch ist das auch nicht zu erklären, denn es ist wie so oft eine Herzensangelegenheit. Angefangen hat es mit den drei Faltern und ging weiter mit der Ikonta 520/2 von Zeiss Ikon. Mittlerweile sind sowohl eine Super Ikonta 530/2 als auch eine 531/2 in meine Vitrine gewandert.

Was unterscheidet eine Super Ikonta von einer Ikonta? So ganz grob gesagt, ist es lediglich der gekoppelte Messsucher, den die Super Ikonta besitzt, der einen Unterschied ausmacht. Im Detail gibt es zwischen meiner 520/2 und 531/2 aber noch mehr Unterschiede: Lage des Auslösers, Objektiv und Verschluss.

Fangen wir mit dem Auslöser an. Er sitzt nicht mehr am Objektiv, sondern ist in das Gehäuse gewandert. Unglücklicherweise auf die linke Seite, sodass meine gewohnte Handhaltung mit der Kamera nicht mehr funktioniert. Zudem besitzt der Auslöser eine Doppelbelichtungssperre. Die kann man leider nicht ohne weiteres deaktivieren, nur mit ein wenig Fingerspitzengefühl umgehen. Im Zusammenhang mit der Doppelbelichtungssperre hat die Super Ikonta noch eine kleine Macke. Drückt man den Auslöser nur ein kleines Bisschen, wird die Sperre ausgelöst, der Verschluss jedoch noch nicht. Man macht also kein Foto, sperrt jedoch den Auslöser und kann ohne Umwege den aktuellen Abschnitt vom Film nicht mehr belichten. Das ist, gerade bei den aktuellen Filmpreisen, reichlich ungünstig. Da ich die Super Ikonta jedoch im Original-Zustand belassen möchte, deaktiviere ich die Sperre nicht. Diese Einschränkungen machen die Super Ikonta zwar etwas umständlich in der Handhabung, aber keinesfalls zu einer schlechten Kamera. Das Fotografieren mit ihr macht nämlich trotz allem eine Menge Spaß, was nicht zuletzt auch an der verbauten Objektiv-Verschluss-Kombination liegt.

Die bei meinem Modell vorliegende Objektiv-Verschluss-Kombination ist in den Vorkriegsmodellen nur der Super Ikonta vorbehalten gewesen. Es handelt sich dabei um das Carl Zeiss Jena 10,5cm f/3.5 Tessar mit Compur-Rapid Verschluss. Der Compur-Rapid unterscheidet sich durch die kürzeste Belichtungszeit vom regulären Compur, wie er in der Ikonta 520/2 verbaut ist. Durch eine zusätzlich verbaute Feder erreicht er eine Belichtungszeit von 1/400s. Diese Zeit ist dabei zusätzlich zur 1/200s vorhanden*. Eine Blitzsynchronbuchse besitzt aber auch er nicht, diese wurden erst nach 1945 eingeführt.
Viel interessanter ist das 10,5cm Tessar, welches mit einer maximalen Blende von f/3,5 aufwartet. Wie in den alten Zeiten üblich wurde es mit einer ausreichenden Zahl an abgerundeten Blendenlamellen (10 Stück) ausgestattet, was dem Bildeindruck bei weiterem Abblenden sehr Zugute kommt. Der Verlauf von scharfen zu unscharfen Bereichen verläuft ausgesprochen sanft und harmonisch. Einzig Unschärfebereiche vor dem fokussierten Objekt sind manchmal etwas unruhig. Allgemein ist die Schärfe mehr als nur respektabel; sie ist für ein Objektiv von 1937 in meinen Augen hervorragend. Wann ein Zeiss-Objektiv gebaut wurde, lässt sich übrigens leicht anhand der Seriennummer mit Hilfe der Camera-Wiki-Seite herausfinden. Was mich ein kleines Bisschen stört, ist die recht große Naheinstellgrenze von ca. 1,3m. Bildfüllende Gesichtsportraits sind damit leider nicht machbar.

Wie ist es nun, mit ihr zu fotografieren? Nicht viel anders als mit der Ikonta 520/2, um ehrlich zu sein. Lediglich das Fokussieren funktioniert für mich etwas besser, da ich beim Schätzen von Entfernungen recht oft daneben liege und dann auf die hyperfokale Distanz zurück greifen muss. Auch wenn der Sucher des Messsuchers sehr klein ist und vom Sichtbereich nicht mit dem tatsächlichen Bildausschnitt übereinstimmt, lässt sich damit dennoch wunderbar genau scharf stellen. Trotz über 80 Jahren auf dem Buckel ist der Messfleck noch deutlich zu erkennen. Die letztlichen Ergebnisse stehen denen der Ikonta in Nichts nach. Zeiss ist hier scheinbar keine Kompromisse bei der Konstruktion eingegangen, um die höhere Lichtstärke von f/3,5 gegenüber dem f/4,5 Tessar der Ikonta zu erreichen. Im Gegenteil, das 3,5er ist sogar etwas weniger anfällig gegenüber Gegenlicht als das etwas ältere 4,5er. Macht es Sinn, beide Kameras gleichzeitig zu nutzen? Nein, auf keinen Fall. Dafür sind sie sich viel zu ähnlich. Ich werde dennoch beide weiter nutzen, aber halt nicht gleichzeitig. Die Ikonta wird meine Landschaftskamera, da für Landschaften f/4,5 vollkommen ausreichend ist und sie zudem etwas leichter (ca. 200g) als die Super Ikonta ist. Die Super Ikonta wird zum Einsatz kommen, wenn genaues Fokussieren gefragt ist, also bei der Arbeit mit Models oder bei Architekturaufnahmen. Bei beiden Kameras ist es sinnvoll, ein Stativ dabei zu haben.

Allgemein ist die Super Ikonta, wie auch die Ikonta, keine Kamera für Jedermann und für jede Gelegenheit. Sie ist auch nicht für den schnellen Schnappschuss geeignet. Vielmehr ist sie ein Liebhaberstück. Mit ihr ist man gezwungen, sich mehr mit dem Foto auseinander zu setzen. Belohnt wird man am Ende mit tollen Ergebnissen und falls die zu wünschen übrig lassen, hatte man wenigstens eine schöne Zeit.


* Bei der Super Ikonta 530/2 aus meiner Sammlung ist das anders. Hier wurde zwar die kürzeste Belichtungszeit von 1/200s auf 1/300s verbessert, allerdings wurde die Anzahl der wählbaren Zeit konstant gelassen. Es gibt bei der 530/2 also einen recht ungünstigen Sprung zwischen 1/100s und 1/300s. Das sind immerhin 1,5 Blenden Unterschied, die einem evtl. die optimale Blendenwahl unmöglich macht.

3 Replies to “Zeiss Ikon Super Ikonta 531/2”

  1. Lieber Paul!
    Gut, dass die ganz Alten bei Dir zu Ehren kommen. Die Frontlinseneinstellung der Schärfe kommt bei den Ikontas eben schnell an ihre Grenzen, so dass Potraits nur mit Vorsatzlinse möglich sind. Es reicht, wenn Du Dir eine Linse auf eine Entfernung mit einem Bindfaden als genauer Entfernungsmesser mit Mattscheibe oder Tabelle justierst. Der, die zu Portaitierende kann sich genau auf sein Spiegelbild in der Linse positionieren, den Faden neben das Auge halten und kurz vor der Aufnahme fallen lassen. Das ist eine kleine Performace, bei der Du aber schnell zu recht passablen bildfüllenden Portaits kommst, wenn Du und Dein Modell sogfältig aufeinander abgestimmt sind. Probiers mal. Funktioniert draußen, bei gutem Licht, besonders gut auch ohne Stativ.
    Grüße aus Leipzig
    Thomas P.

  2. Lieber Paul,

    interessanter Artikel, vielen Dank!
    Nur eine Anmerkung…die Ikonta und Super-Ikonta Kameras kamen aus dem Contessa-Werk in Stuttgart. Contessa-Nettel wurde 1926 Teil der Zeiss-Ikon AG. Die Verschlüsse wurden von Deckel aus München geliefert, die Objektive aus Jena und später Oberkochen.

    Freundliche Grüße,
    Felix

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