… weil ich mir schon wieder eine neue alte Kamera gekauft habe (und sie auch noch die Einfuhrkosten vorstrecken musste). Ja, meine Frau hat es nicht immer ganz leicht mit mir. Damit muss sie aber klar kommen, denn so bin ich nunmal und werde mich auch nicht mehr ändern. Soviel zu den Nebengeräuschen so eines Kamerakaufs.
Grund des kleinen Zwists ist dieses schöne Gerät hier:
Ich würde mich selber nicht als Nikon-Fanboy bezeichnen, doch muss ich zugeben, dass die Firma und ihre Geschichte eine gewisse Faszination auf mich ausüben. Digital nutze ich seit 2012 Kameras von Nikon, analog seit letztem Jahr. Und mit der FM2 fing ich an, mich vor allem für die alten, vollmechanischen Nikons zu begeistern. Da gibt es eine Vielzahl an Modellen, die mal mehr, mal weniger bekannt sind. Noch bevor Nikon mit der Nikon F auch in Europa der große Durchbruch gelang, bauten sie Messsucher-Kameras, die sich vor allem in Japan und den USA einiger Beliebtheit erfreuten. Ein beachtlicher kommerzieller Erfolg war damals die S2. Sie bot einige Verbesserungen gegenüber ihren Vorgängern, die sie zum Kassenschlager werden ließen. Sie bot eine 1/1000s als kürzeste Belichtungszeit, hatte einen Spannhebel statt eines Drehrades, einen großen 1:1-Sucher und durch die abnehmbare Rückwand ist das Einlegen des Films ein Kinderspiel (eine Entwicklung, die Leica vollkommen verpennt hat). Dabei war sie deutlich günstiger als eine Leica, musste sich hinter dieser jedoch nicht verstecken, auch wenn die Leica M3 in einigen Punkten noch innovativer war. Soviel kurz zur Einordnung der Nikon S2. Wer mehr zur Geschichte von Nikon erfahren möchte, dem lege ich die Seite von Peter Lausch ans Herz.
Ich bin nun stolzer Besitzer einer von ursprünglich um die 56.000 gebauten Nikon S2. Nach einer Reise um die halbe Welt, von Japan nach Deutschland, kam die Kamera bei mir an. Als ich die S2 das erste Mal in meinen Händen hielt, habe ich mich sofort in sie verliebt. Was für ein Schmuckstück! Okay, ich fand sie vorher rein von den Fotos her auch schon schick, aber im echten Leben ist das nochmal etwas anderes. Vor allem in der braunen Lederhülle macht sie richtig was her. Verglichen mit der Ihagee Exakta Varex, die in etwa aus der selben Zeit stammt (Exakta: 1952, S2: ca. 1955/56), erscheint sie weniger verspielt im Design und etwas funktionaler. Klar, in Sachen Ergonomie ist die S2 immer noch kein Paradebeispiel. Dennoch denke ich, dass Nikon die S2 als Design-Vorbild für die viel kolportierte spiegellose Vollformat-Kamera nehmen sollte. Denn sind wir mal ehrlich, Kameras verkaufen sich heutzutage nicht nur durch die Technik, sondern auch über Emotionen. Und Emotionen hat die S2 in mir geweckt.
Die Belichtungszeit der S2 wird über zwei verschiedene Rädchen eingestellt, einmal kurze Belichtungszeiten, einmal lange. Das ist schon etwas umständlich. Der Auslöser liegt zudem nicht unbedingt fingernah und es bedarf einer mittleren Verrenkung, um ihn zu betätigen. Die Möglichkeit auf zwei Arten zu Fokussieren ist hingegen eine tolle Sache. Das geht entweder mit dem kleinen Rädchen am Gehäuse oder wie gewohnt direkt am Objektiv. Bei dem kleinen Fokusrädchen hat es Nikon allerdings mit der Griffigkeit etwas übertrieben. Zwar kann man nicht abrutschen, aber im Zweifel reißt es einem die Haut vom Finger, so scharfkantig sind die Zacken. Die Blende wird wie üblich direkt am Objektiv eingestellt. Es ist ein Augenschmaus, die 12 Blendenlamellen zu verstellen und zu sehen, wie rund die Öffnung bleibt. Das Nikkor-S.C 5cm 1:1.4 ist sowieso sehr schön anzusehen. Es gibt auch noch andere Objektive für die S2, die allerdings recht rar gesäht und entsprechend preisintensiv sind. Deren Anschaffung lohnt sich für mich nicht, da ich im Kleinbildbereich mit der FM2 schon eine sehr flexibel einsetzbare Kamera habe. Außerdem sind 50mm Brennweite durchaus vielseitig.
Die schönste Kamera ist nutzlos, wenn sie nicht funktioniert. Also habe ich einen Portra 160 eingelegt und sie immer mit dabei gehabt, auf einer Dienstreise nach Berlin und täglich auf Arbeit. Natürlich habe ich auch zuhause mit ihr fotografiert. Das Bedienkonzept ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber wie dieser Begriff schon suggeriert, man gewöhnt sich dran. Was mir mit zunehmender Nutzung immer bewusster geworden ist, ist das leise Auslösegeräusch. Klar, die Konica Auto S1.6 ist dank Zentralverschluss nochmal um einiges leiser. Für eine Kamera mit Schlitzverschluss hat die Nikon S2 dennoch eine angenehm dezente Geräuschentwicklung zu bieten. Da kann keine Spiegelreflexkamera mithalten, zumindest keine, die ich kenne.
Das Nikkor-S.C 5cm 1:1.4 war damals das erste Objektiv für Kleinbildkameras mit einer Anfangsblende von f/1.4. Bis dahin war f/1.5 das Maß der Dinge. Aber um ehrlich zu sein, das 5cm Nikkor ist optisch keine Offenbarung, zumindest nicht bei Offenblende. Da ist es wirklich sehr soft und nur begrenzt nutzbar. Abgeblendet auf f/5.6 bis f/11 ist es dann ziemlich gut und scharf. Gegenlicht ist gar kein so großes Problem, wie man bei dem Alter denken könnte. Klar treten Flares auf, aber in einer durchaus angenehmen Ausprägung. Dem Messsucher-Prinzip geschuldet lassen sich Flares nicht gezielt einsetzen. Was man durch den Sucher sieht hat ja mit dem, was durchs Objektiv kommt nichts zu tun.
Haben sich der Kauf und der damit verbundene Unmut meiner Frau gelohnt? Ja, das haben sie! Die Nikon S2 ist ein Klassiker, ein hervorragendes Sammlerobjekt und dazu auch noch eine durchaus brauchbare Kamera. Ich bereue den Kauf kein Bisschen.