Einige Wochen ist es nun schon her, dass Doreen mich gefragt hat, ob ich die Fotolocation „Haus 77“ kennen würde. Nein, ich kannte sie nicht. Noch nicht. Die Bilder auf deren Website lassen ein ähnliches Flair wie in 5Hausen vermuten. Wie es dort war und inwieweit der Vergleich passt, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Vorbereitung
Nachdem meine Neugier geweckt war, ging es daran, einen Termin zu finden und natürlich auch ein Model. Doreen und ich gingen diesmal den Weg, dass wir uns einen passenden Tag suchten und dann erst auf Modelsuche gingen. Auch einen weiteren Fotografen haben wir gesucht, um die Kosten noch etwas mehr aufzuteilen.
Meine erste Wahl bei solchen besonderen Locations ist immer Jessica, die auch schon in 5Hausen dabei war. Sie ist nicht nur ein zuverlässiges, tolles Model sondern auch ein wundervoller Mensch. Nach meiner Anfrage hat sie extra noch ihren Impftermin verschoben, um dabei sein zu können. So was ist wahrlich etwas besonderes und verdient mehr als nur ein Dankeschön.
Die Location
Nach einer staubedingt etwas längeren Fahrt von Dresden nach Plauen im Vogtland, kamen wir in der Spitzenstadt an und fanden auch sofort einen Parkplatz. Sowas ist man als Dresdner gar nicht gewöhnt. Nach kurzer Wartezeit kam dann auch der dritte Fotograf im Bunde, Matthias, mit seinem Model an. Gemeinsam ging es nach oben in die ehemalige Wohnung, die nun als Foto- und Filmlocation vermietet wird. Die Betreiberin zeigte uns ganz kurz alle Räume und verschwand dann wieder.
Die Räume sind allesamt möbliert und teilweise dekoriert. Strom und Licht gibt es auch. Am besten ist jedoch das Fensterlicht. Die Fenster sind jedoch nicht alle schön. In zwei Zimmern sind leider 08/15-Kunststofffenster verbaut, die so gar nicht zum restlichen Ambiente passen wollen. Eigentlich passen solche Fenster nie zu irgendwas.
Auf die Plätze…
Jessica und ich entschieden uns, in einer Art Schlafzimmer zu beginnen. Das ist so ein Zimmer mit doofen Plastefenstern. Ansonsten war es aber ganz nett. Eine Spiegelkommode mit kleinem Vogelbauer war das einzige Möbelstück, das wir dort genutzt haben. Der Rollstuhl, der auch auf den Fotos auf der Website vom Haus 77 zu sehen ist, passte zu keiner Idee und der Rest der Möbel war aus stilistischen Gründen unpassend. Dafür war das Licht schön. Im Gegensatz zu sonst war auch schon nach knapp 10 Minuten schon das erste Foto im Kasten. Und es sollten noch so einige folgen. Fotografiert habe ich übrigens mit der Hasselblad 2000FCW, der Chamonix C45F-2 und der Zeiss Ikon Super Ikonta 531/2. Als Filme kamen im Mittelformat Lomo Color 400 und 800 und Bergger Pancro 400 zum Einsatz, im Großformat standen mir Foma 400 und Adox CHS 100 II zur Verfügung, nebst Fuji Trennbildfilmen FP-100c und FP-3000b45.
… fertig …
Nach dem Schlafzimmer gingen wir einen Raum weiter, in den schmalen Vorraum. Dort stehen ein Tisch und ein Stuhl, die wir nutzen konnten. Die restlichen Möbel standen denkbar ungünstig und waren für uns somit ohne Nutzwert. War aber gar nicht schlimm. Es zeigte sich wieder, dass weniger manchmal mehr ist. Mehr als ein Foto machten wir in dem kleinen Raum dennoch nicht.
… los!
Als wir in dem kleinen Zimmer fertig waren, gingen wir in die Hauptzimmer der Wohnung. In einer Art Erker standen ein runder Tisch und zwei Sessel. Jessica kam auf die Idee, sich dort völlig deplatziert mit Adiletten zu präsentieren. Und es war herrlich! Als sie dann nach den Fotos nach oben blickte, war der Spaß aber vorbei. Denn die Decke des Erkers ist extrem desolat und es waren zudem Scharrgeräusche zu vernehmen. Welche Tiere es sich dort gemütlich gemacht haben, wollten wir gar nicht wissen.
Nach einem Augenblick der Ernüchterung machten wir weiter und zauberten noch zwei 3-fach-Belichtungen in einem anderen Teil des Doppelzimmers. Es ist wirklich schön, wenn man sich gegenseitig inspiriert und so im Laufe des Shootings die Ideen wie von selbst kommen.
Zurück zum Anfang
Am Ende gingen wir noch mal zurück in das Schlafzimmer, da dort nun die Sonne nur noch indirekt durch die Fenster schien und somit sehr weiches Licht zauberte. Hier machten wir weiter mit den Mehrfachbelichtungen und legten noch zwei Langzeitbelichtungen nach. Und ich kam nochmal dazu, mein 1919er Voigtländer Heliar einzusetzen. Hiernach war dann die Luft raus und wir machten im Hauptraum noch zwei Spaßfotos, bevor ich mein Zeug zusammen packte und wir uns langsam wieder auf den Heimweg machten.
Fazit zum Haus 77
Mein Fazit zum Haus 77 fällt recht durchwachsen aus. Jessica meinte sehr treffend: „Das hier ist wie 5Hausen bei Wish bestellt.“ Auf den ersten Blick stimmt alles, doch wenn man genauer hinguckt, fehlt vor allem eines: die Liebe zum Detail. Die Zusammenstellung der Möbel macht in keinem Zimmer wirklich Sinn, weder thematisch noch epochal. Auch wenn es vielleicht unfair erscheinen mag, doch genau mit den ISO-Studios und 5Hausen muss sich das Haus 77 messen und da verliert es deutlich. Die Möbel hier sind alt. Das ist okay. Aber sie sind oftmals auch sehr kaputt, dadurch dysfunktional und teilweise unsicher. Das ist nicht okay. Wände zeigen in einigen Zimmern deutlich Spuren von Wassereinbruch und auch die Decke scheint an mancher Ecke nur noch aus Gewohnheit an Ort und Stelle zu bleiben.
Organisatorisch gibt es ebenfalls Verbesserungsbedarf, denn eine Buchungsbestätigung nach der Bezahlung und einen Vertrag gab es zum Beispiel nicht. AGBs gibt es auch keine. Diese Punkte sind für mich unverständlich, da es vor allem im Sinne der Betreiber ist, die Nutzung vertraglich abzusichern.
Insofern, die Grundidee vom Haus 77 ist gut, die Umsetzung ist leider nur mangelhaft. Eine Empfehlung kann und will ich daher nicht aussprechen.