Orwo NP15 – die Wundertüte

Nachdem ich den Orwo NP20 und später auch den NP27 getestet habe, siegte meine Neugier und auch der NP15 flatterte ins Haus. Ein paar Rollen NP15 hatte ich im Konvolut mit dem NP27 bekommen, zusätzlich aber auch noch 20 Rollen in ihrer ursprünglichen Zellophan-Verpackung erworben. Wie die Bezeichnung schon sagt, ist der NP15 ein niedrigempfindlicher Schwarzweißfilm. Seine Nennempfindlichkeit liegt bei ISO25 oder besser gesagt, lag. Nach über 30 Jahren hat auch der NP15 ein wenig an Empfindlichkeit eingebüßt, jedoch nicht so viel wie der NP27.

Nachdem ich die ersten Rollen entwickelt hatte, war der Schreck groß. Die Ränder waren überbelichtet und ansonsten zeigte sich überaus deutliches Filmkorn. Das hatte ich nicht erwartet. Auf der Fehlersuche bin ich dann auf die Lösung gestoßen. Die Rollen aus dem Konvolut waren einer eher schlechten Lagerung ausgesetzt, was das Korn erklärt und zudem scheint es in der Breite des Trägerpapiers eine kaum merkliche Differenz zu geben, die zum „Einbluten“ geführt hat. Das Papier schließt nicht richtig mit den Seiten der Spulen ab und Licht kann mehr oder weniger bis an die Ränder des Films gelangen.

Bei den originalverschweißten Rollen kam es übrigens nicht zu diesem Effekt. Dafür treten bei einigen Rollen extreme Ungleichheiten in der Emulsion auf. Aber auch nicht auf allen Fotos. Es ist seltsam. Der NP15 ist in meinem Fall tatsächlich eine Wundertüte oder um es leicht abgewandelt mit den Worten von Forrest Gump zu sagen: „Der NP15 ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt.“

Halten mich die bisherigen Erfahrungen davon ab, den Orwo NP15 weiter zu nutzen? Nein, auf keinen Fall! Im Gegenteil, es reizt mich sehr, dass er die Realität teilweise vollkommen anders festhält als ein neuer Film. Natürlich will ich das nicht immer, aber ab und an ist die Kunst des Zufalls genau das, was mir vorschwebt und was auch zu so mancher Idee passt. Meine Bilderserie über das ausgetrocknete Flussbett der Elbe lebt zum Teil auch von den Besonderheiten, die dem NP15 geschuldet sind.


Da es im Netz kaum Angaben zur Entwicklung des NP15 gibt, stelle ich hier meinen Ansatz zur Diskussion. Ich nutze, wie auch schon beim NP20 und NP27, Kodak HC110 Verdünnung B (1+31), mit einem kleinen Zusatz von Rodinal (1+100) für die Entwicklung. Die Entwicklungszeit liegt dann bei 13:00 min, wobei ich auch hier mit meinem eigenen Kipprhythmus arbeite: 1 Minute Dauerkipp, dann 7 Minuten aller 60s drei Inversionen, bei Minute 10 nochmal zwei Inversionen und abschließend nach 13 Minuten auskippen und zwischenwässern. Fixieren und Endwässerung dauern bei mir jeweils ca. 7 Minuten, je nach Alter vom Fix.

2 Replies to “Orwo NP15 – die Wundertüte”

  1. Hallo Paul,
    erst einmal vielen Dank für die detailierten Infos zur Verwendung der alten ORWO Filme.

    Ich habe aus einem Nachlass gerade etliche Rollen NP15, NP18, NP20, NP22, NP27, UT16, NC16 und UT21 erhalten. Alle Filme sind etwa Mitte 60er Jahre abgelaufen.

    Kommende Woche werde ich die erste Rolle NP15 belichten; ob dies überhaupt noch möglich ist wird sich dann zeigen. Basieren auf Deinem Artikel hier würde ich den mindestens 2-3 Stufen überbelichten (also von original ISO 25 runter auf ISO 6-3). Die erste Rolle wird wohl als Testfilm durchgehen mit verschiedenen Überbelichtungen. Danach sollte ein gutes Bild entstehen ob die Filme überhaupt noch zu verwenden sind und falls ja, mit welchem Nennwert.

    Hast Du Erfahrung mit derart alten Filmen? Die meisten die Du hier beschreibst sind ja wesentlich jünger.

    Ich wüsnche ein angenehmes Wochenende und freue mich über eine kurze Rückmeldung 🙂

    Viele Grüße
    Severin

    1. Hallo Severin,

      mit solch alten Filmen habe ich leider keine Erfahrungen. Meine ältesten Exemplare sind Mitte der 80er abgelaufen. Ich bin gespannt, wie die Ergebnisse bei deinen Filmen sind.
      Bei den Farbfilmen (UT und NC) ist nicht nur das Alter kritisch, sondern auch der Fakt, dass sie in den üblichen Prozessen (E-6 und C-41) nicht entwickelt werden können. Die sind eher was für die Vitrine oder ganz verrückte Experimente.

      Grüße
      Paul

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